Close

Der Hundshai – ein unscheinbarer Räuber mit Biss

Wenn man an Haie denkt, erscheinen sofort Bilder von gewaltigen Raubfischen mit bedrohlichen Zähnen, blitzschnellen Angriffen und einem gefährlichen Ruf. Doch es gibt auch Vertreter der Hai-Familie, die deutlich ruhiger, unscheinbarer – aber nicht weniger faszinierend sind. Einer davon ist der Hundshai. Trotz seines eigenwilligen Namens gehört er zu den verbreitetsten Haiarten in europäischen Gewässern, einschließlich der Nord- und (teilweise) Ostsee. In diesem Beitrag werfen wir einen detaillierten Blick auf diese unterschätzte Haiart.


Was ist ein Hundshai?

Der Begriff „Hundshai“ umfasst verschiedene Arten innerhalb der Gattung Mustelus, wobei der Glatter Hundshai (Mustelus mustelus) und der Gefleckte Hundshai (Mustelus asterias) in europäischen Gewässern am häufigsten vorkommen. Sie gehören zur Familie der Requiemhaie (Carcharhiniformes) und zur Unterordnung der Glatthaie.

Was den Hundshai von vielen anderen Haiarten unterscheidet, ist sein eher sanftes Wesen und sein ungewöhnliches Aussehen: schlank, langgestreckt, mit einer stumpfen Schnauze und relativ kleinen Zähnen, die nicht zum Zerreißen, sondern zum Zermahlen gedacht sind.


Merkmale und Körperbau

Hundshaie erreichen je nach Art eine Länge von etwa 1 bis 1,6 Metern. Der Körper ist stromlinienförmig gebaut, mit zwei gut sichtbaren Rückenflossen und einer langen Schwanzflosse. Die Haut ist – typisch für Haie – rau und mit Placoidschuppen bedeckt. Ihre Färbung variiert von hellgrau bis bräunlich, teils mit kleinen weißen Punkten, was ihnen im sandigen oder kiesigen Meeresgrund eine gute Tarnung verleiht.

Besonders auffällig ist ihre Schnauze: flach, breit und etwas rundlich – ein Grund, warum ihr Name im Volksmund manchmal mit „Hundsgesicht“ assoziiert wird. Ihre Zähne sind nicht scharf, sondern flach – perfekt, um Weichtiere und Krustentiere zu knacken.


Lebensraum und Verbreitung

Hundshaie bevorzugen flache Küstenregionen mit sandigem oder schlammigem Grund. Sie leben in Tiefen von 5 bis 300 Metern, kommen aber auch in sehr küstennahen Zonen vor – etwa in Buchten, Flussmündungen oder an Kontinentalsockeln.

Verbreitet sind sie in:

  • Nordostatlantik (von den Britischen Inseln bis Westafrika)
  • Mittelmeer
  • Nordsee (westlicher Bereich)
  • vereinzelt auch westliche Ostsee bei günstigen Bedingungen

Besonders zahlreich treten sie rund um die britischen Inseln, die Iberische Halbinsel und Nordafrika auf.


Ernährung: Der Hai, der knackt

Hundshaie sind bodenlebende Jäger mit einer klaren Vorliebe: Schalentiere. Auf ihrem Speiseplan stehen vor allem:

  • Krabben und Garnelen
  • Muscheln und Schnecken
  • kleine Fische
  • Borstenwürmer und andere wirbellose Tiere

Mit ihren stumpfen Zähnen knacken sie hartschalige Beute mit Leichtigkeit. Dabei gehen sie eher langsam und methodisch vor – im Gegensatz zu den schnellen Beutejägern unter den Hochseehaien.


Verhalten und Lebensweise

Hundshaie leben oft in kleinen Gruppen und gelten als standorttreu. Manche Populationen wandern je nach Wassertemperatur, andere bleiben das ganze Jahr über im selben Revier. Sie sind dämmerungs- und nachtaktiv, tagsüber ruhen sie oft am Meeresboden.

Trotz ihrer ruhigen Art sind Hundshaie neugierige Tiere, die auch in der Nähe von Tauchern gesichtet werden. Eine Gefahr für den Menschen stellen sie jedoch nicht dar.


Fortpflanzung: Der lebendgebärende Hundshai

Ein besonders spannender Aspekt: Hundshaie sind lebendgebärend – also vivipar. Das bedeutet, die Jungtiere entwickeln sich im Körper der Mutter und werden voll entwickelt geboren. Die Tragezeit beträgt etwa 10 bis 12 Monate, wobei ein Weibchen zwischen 4 und 20 Junge zur Welt bringt.

Die Jungtiere sind bei der Geburt bereits 25 bis 35 Zentimeter lang und vollkommen selbstständig. Dieses Fortpflanzungsverhalten hat gegenüber der Eiablage den Vorteil, dass die Nachkommen im geschützten Körper heranwachsen und direkt bessere Überlebenschancen haben.


Hundshai und Mensch

Hundshaie sind für den Menschen völlig ungefährlich. Sie zeigen kein aggressives Verhalten, meiden in der Regel Kontakt und verteidigen sich höchstens bei direkter Bedrohung. Dennoch sind sie nicht frei von menschlicher Gefährdung.

In vielen Regionen werden sie als Speisefisch gefangen, oft unter anderem Namen wie „Schillerlocke“ oder einfach „Seehund“. Der gezielte Fang und Beifang in der kommerziellen Fischerei haben viele Bestände zurückgehen lassen. Besonders problematisch: Die langsame Fortpflanzung der Tiere macht sie anfällig für Überfischung.


Schutz und Gefährdung

Der Hundshai steht auf vielen regionalen Roten Listen. In der Nordsee und im Mittelmeer ist der Bestand rückläufig – auch wegen der hohen Beifangrate in Grundschleppnetzen. Zwar gibt es bereits in mehreren Ländern Fangquoten und Schutzregelungen, doch diese sind oft unzureichend.

Ein effektiver Schutz müsste beinhalten:

  • Schonzeiten während der Fortpflanzung
  • Fangverbote in kritischen Regionen
  • Schutz von Aufwuchsgebieten
  • gezielte Forschung zu Wanderverhalten und Populationsgröße

Hundshaie in deutschen Gewässern?

Im westlichen Teil der Nordsee wurden Hundshaie immer wieder gesichtet. Besonders rund um Helgoland, die Doggerbank und die Flachzonen südlich von Dänemark gibt es geeignete Bedingungen. In der Ostsee sind Sichtungen deutlich seltener – vor allem wegen des niedrigen Salzgehalts. Eine dauerhafte Ansiedlung in der Ostsee ist derzeit unwahrscheinlich, aber kurzfristige „Besuche“ über den Fehmarnbelt sind möglich.


Fazit: Der Hundshai – unterschätzt, harmlos und faszinierend

Der Hundshai ist kein spektakulärer Jäger und kein gefürchtetes Raubtier – aber ein wichtiger Teil des marinen Ökosystems. Mit seiner sanften Art, seinem interessanten Fortpflanzungsverhalten und seiner Rolle im Nahrungsnetz verdient er mehr Aufmerksamkeit – und besseren Schutz.

Sein Name mag etwas kurios klingen, doch wer ihn einmal näher betrachtet, erkennt: Der Hundshai ist ein stiller Held der Küstenmeere.


Lust auf mehr spannende Haifakten? Dann entdecke auch:

👉 Fressgewohnheiten von Haien

👉 Haie in der Nordsee – Arten, Fakten, Vorkommen

👉 Welche Haie gibt es in der Ostsee?

Erfahre mehr über den Hundshai: